Zeigt ihm die Geräte!

Nimm nie einen Menschen, wenn du eine Maschine haben kannst. (Agent Smith, Matrix 1)

 
In den düsteren Zeiten des europäischen Mittelalters war es üblich, die stufenweise Steigerung der Folter mit dem Satz zu beginnen: „Zeigt ihm die Geräte!“  Noch bevor die Gerätschaften überhaupt ins entsetzte  Auge des Häretikers gerückt wurden, hörte er diesen Satz. Irgendwo im Vorhof der Hölle, dort, wo es noch keine Instrumente gab. Die Vorstellung allein, die dadurch ausgelöst wurde, genügte meistens, um den Delinquenten zu beredten Geständnissen zu zwingen, egal, ob er tatsächlich vom Glauben abgefallen war oder nicht. Man mag diese Szene als witzige Episode der Geschichte abtun, ich denke aber, dass sie ganz im Gegenteil ins Zentrum eines Problems führt, das noch heute das menschliche Verhältnis zu den Werkzeugen, Instrumenten, Maschinen, ja Dingen ganz allgemein bestimmt: das Verhältnis der Knechtschaft.
Mit dieser These im Kopf wache ich an jedem Montagmorgen auf, dem ersten Tag der Woche, dem ersten Arbeitstag, jenem Tag, der noch der bessere sein sollten von den kommenden bis zum Wochenende, weil man frisch und frank seiner Erwerbsarbeit noch entschieden gegenübertritt. Ich zerdresche mit der geballten Faust das halb 7-Piepen des Weckers, dieser Fanfare zur strammen Existenz, beuge mich aus dem Bett und spucke schon von Weitem einen Klumpen Schleim, den ich mühsam aus meinem trockengelegten Innenleben gezogen hatte, in die gleichgültig wartende Muschel. Passt genau. Mit einer Hand stütze ich mich nun gegen die Fliesenwand des WCs und entspanne mich, lange und ausgiebig. „So sieht der freudiger Arbeitnehmer aus“, denke ich dabei krumm und lache über den ersten Witz des Tages, den Witz, der ich selber bin, als Ganzes nämlich, als Arbeitskraft und smarter Leistungsträger, Vorbild und musterhafter Beamter. Mit dem Lachen schüttelt es die letzten Tropfen und den letzten Rest von mir selbst, den, der eigentlich noch im Bett und überhaupt die ganze Zeit nur horizontal verbringen möchte, an einem Montagmorgen und überhaupt an jedem verdammten Arbeitstag. Alles Wünschen verflüssigt sich und tropft in die Kanalisation und übrig bleibt die harte Schale, das Eisen-Ich, das ich knirschend auf das Fahrrad setzte und in die Arbeit bringe, in die Schule, auf meinen Platz ins Konferenzzimmer und dort, ohne mich selber ihr Auslangen sucht. Tonnenschwer. Eine unterbelichtete Sicherheitskopie meiner selbst. Die Entfremdung ist so weit vorangeschritten, dass ich mich als zweigeteilt betrachte, als seliger Penner, der zu Hause noch im Bett schlummert, mindestens bis 12, meistens bis 2 und auf den Zweiten, den anderen erwartend, der inzwischen für ihn die Arbeit erledigt. Erst wenn der fertig ist und nach Hause kommt, steht der andere auf und dann sind sie wieder vereint.
Dass es soweit gekommen ist, hat mit einem Gerät namens “Konica Minolta bizhub 501“ zu tun, einer Maschine, die den Montagmorgen zur Hölle macht und mich des  Menschlichen beraubt. Meinen evolutionär erkämpften  Herrschaftsstatus infrage stellt überhaupt an meinem Wesen rüttelt, es verspottet und zerbeult, obwohl ich eh schon als geharnischte, wehrhafte Version meiner selbst auftrete.  Der Montagmorgen ist von keinem Wesen, das von sich fordert, am Leben zu sein, unbeschadet zu überstehen, stellen sich doch einem zwei todbringende Hindernisse in den Weg. Da ist zum einen die Gangaufsicht (sic!), die allein schon genügt, um freudig das Leben auszuhauchen. Vor allem aber ist es der „bizhub 501“, das neueste Kopiergerät der Firma „Konica Minolta“.
Der  bizhub 501 befindet sich links, gleich neben der Eingangstür in das Lehrerzimmer und hat, im Gegensatz zu dem auf engen Tischen gestapelten  Personal, einen großzügigen  Raum für sich selbst. Eigentlich sind es zwei Geräte, völlig ident, die hintereinander aufgefädelt in die Länge des Raumes hineingesetzt sind. Man hat den Eindruck die Maschine habe sich selbst verdoppelt, den Kopierakt auf sich angewendet und über den Seitenschlitz ein Double seiner selbst herausgedrückt. Ungeschlechtlich fortgepflanzt. Fast als Hohn  vor der versammelten Humangemeinschaft, die zwar am Montagmorgen auch eher an Kopieren als an Kopulieren denkt, aber sie könnte, wenn sie wollte. Das ist sicher. Vorsichtshalber also zwei „bizhub 501“, denn eines könnte ja kaputt gehen. Und damit die Maschinenlosigkeit nicht den gesamten Betrieb lahmlegt, gibt es zwei davon. Drei wäre noch besser, sicherer, zeitgemäßer. Betritt man den Kopierraum, vernimmt man ein diensteifriges Summen, eines in einer mahnenden Tonlage, einer Tonlage, die zum Fröhlichsein auffordert, zum Mitsummen. Wie Formatradio. „Freundlich summt das Gerät“, bemerkt ein Kollege, ein poetisch veranlagter. Und diesem allgemeinen Summen und Brummen, diesem eifrigen Bienchendasein, das der Idee des fruchtbringenden Tätigseins geschuldet ist, begegne ich mit der Mine eines Gehenkten. Und mit einem Tinnitus, den ich mir verschafft habe, um dieses Summen nicht mehr hören zu müssen, dem Anpfiff zur Dienstfertigkeit am Montagmorgen. Ich mache mir mittlerweile meine eigene häretische Musik, Einpfiffe, gegen die die affirmativen Betriebsgeräusche moderner Maschinen nicht ankommen. Selbst wenn sie im Duett summen. Neben dem Summen verfügt das Gerät über eine zweite Klangoption, die man mangels besserer Begriffe als Piepen bezeichnen könnte, ein Wort, das aber zu harmlos ist, um die Feindseligkeit dieses Geräusches zu beschreiben. Es ist am ehesten ein langgezogener i-Laut, den man vernimmt. Iiii, iiii. So ungefähr. Semantisch sinnlos, akustisch aber penetrant. Stechend, schmerzhaft. Diese Geräusche gibt die Maschine dann von sich, wenn man mit ihr interagiert, sie berührt. Die neue Generation von Maschine fordert menschliche Hinwendung ein, Berührung und Zärtlichkeit, sie sind in irgendeiner Weise erotisiert, und machen mit diesem Zuwendungsbedürfnis jene ontologische Differenz wett, die man gemeinhin als Unterscheidungsmerkmal zwischen Mensch und Maschine definiert hat. Das Bedürfnis nach Liebe.   „Bizhub 501 hat ein intensives, leidenschaftliches Bedürfnis nach Hingabe, ja nach Unterwerfung. Des sie bedienenden Menschen natürlich. Die moderne Generation von Geräten ist mit der punktuellen Berührung an empfindlichen Stellen nicht mehr zufrieden, sie fordert ein streichelndes, wischendes, fegendes Hantieren am ganzen Objekt. Und Heerscharen von jungen Menschen  beugen sich diensteifrig diesem maschinellen Zuwendungsimperativ. Mit krummen Rücken wischen  und rubbeln sie ihre Lieblingsobjekte, lachen und kichern mit ihm und sind in dieser Weise eine Liebschaft eingegangen, die ich als Montagmorgen-Misantrop als gefährliche bezeichnen muss. Der   „bizhub 501“ ist in dieser Hinsicht noch Traditionalist. Sein Display ist ein Touchscreen alter Schule, das mit singulären Berührungen auskommt. Es braucht nur an der richtigen Stelle taktil gereizt zu werden, schon erbricht es  in einem „iii“. Einem einfachen, wenn es zufrieden ist und einem doppelten, wenn nicht. Und einem langgezogenen iiiiiiii, wenn überhaupt nicht. Die Maschine hat also für die Negation zwei Ausdrucksoptionen, während ihr „Ja“ nur eine kennt. Ein Pessimist könnte man meinen, ein Existenzialist vielleicht, der dem Grau des Daseins mehr Schattierungen abgewinnen kann als den hellen Tönen, die ihm einerlei sind. Das würde man ja durchaus verstehen können, wenn eine Maschine so empfindet wie ein vernünftiger Mensch, der nicht blödsinnig seiner Arbeit nachgeht und dies mit Leben verwechselt. Und dass die Maschine ihre Daseinsberechtigung rein in der „Vita activa“ ihrer stumpfsinnigen Reproduktionsarbeit sieht und daran traurig wird, das verstehe ich auch gut. Aus eigener Erfahrung.„Iiii oder iiii-iiii“. Das ist ein syntaktisch einfaches, dennoch recht deutliches Bekenntnis zur Verzweiflung angesichts der Unabschließbarkeit der ihr aufgebürdeten Pflichten. So könnte man es sehen. Könnte man, wenn da in diesen iiiis nicht dieser fiese Unterton wäre, diese Demütigungsschwingung, dieses Sado-Maso-Gehabe. „Bizhub 501“. Wie das Inserat einer Domina, einer ganz harten, zu der nur Manager gehen, ganz harte, die mal richtig unterwürfig sein wollen dürfen. Bevor „bizhub 501“ nämlich zum Kopierakt bereit ist, ist eine Vielzahl unterwürfigster Anflehungen notwendig, die explizit auf den Verlust des Selbstwertgefühls gerichtet sind. Die Maschine kopiert erst dann, wenn man eine Summe von Befehlen befolgt hat, deren korrekte Ausführung sie streng überwacht und gegebenenfalls mit doppelt peitschenden iii Lauten bestraft. Das Befingern ihrer erogenen Zonen, das Vorspiel sozusagen, erfordert ein anorektisches Händchen, das genau jene Punkte trifft, die das Touchscreendisplay als jetzt notwendig ausweist. Es sind gezählte 35 iiis, viele davon doppelt oder langgezogen, die ich während des Montagmorgens über mich ergehen lassen musste, um einen einzigen Kopierakt auszuführen. Wenn viel vorzubereiten, also zu kopieren ist, sind es noch mehr. Es gibt Kollegen, die kommen unter Hundert nicht weg. Mit den Jahren nimmt die Vorbereitungsarbeit ein wenig ab und damit auch die Kopierarbeit. Das ist ein Vorteil. Dennoch sind 35 Pieplaute am Montagmorgen eindeutig zu viel, um nicht daran irre zu werden. Folter durch Redundanz, durch Unterforderung, durch Dämlichkeit. Damit ist die montagmorgendliche Begegnung mit der Maschine eventuell sogar nur eine akustische Metapher für das unsinnige Berufsdasein generell, speziell an Bildungseinrichtungen, wie mir scheint ein recht bezeichnendes. Was den Zeitgeist betrifft, den sicheren. Und ich frage mich, ob nicht diese ganze „iii“ und „iii  iii“ Sache nicht genau das ist, worauf es hinausläuft, momentan, die Abrichtung des Zöglings auf duale Äußerungsoptionen. Ja, nein. Richtg, falsch. Und genau das wird mir am Montagmorgen an der Maschine sinnfällig und verleidet mir mein grundsätzlich auf positiv gestimmtes Betriebsmodul. Zumindest auf neutral, gleichgültig, ignorant, stoisch. Aber nach dem ersten Doppel iii bin ich aggressiv. Bin ein aufgeklapptes Messer, ein dreifaches Ausrufezeichen, ein Rohrstock, alles, was irgendwie nach iii aussieht und pädagogisch relevant ist. Ich nehme die Form des Geräusches an, das die Maschine mir zuruft. Und ich nehme mir vor, gleich in der ersten Stunde, 2b, nichts anderes von mir zu geben als jene iii und doppel iii Laute, die ich, ganz Maschine, gelernt hatte. Als pädagogisches Minimalprogramm müsste es genügen, und als sensibler Avantgardist meine ich, jetzt bereits, in meinem iii codierten Unterricht eine Tendenz vorwegzunehmen, die zwar noch etwas Zukunftsmusik, aber doch schon  irgendwie auch Realität ist. Die Kleinen, die mögen das auch gern, das Einfache, Reduzierte und für alle Verständliche. Wie Bizhub 501, Montagmorgen, 7.30. Halb acht. Und volle Verzweiflung.
Beim Versuch die Inhaltsbeschreibung von Nietzsches „Antichrist“ von A3 auf A4 zu verkleinern, aus ökonomischen Gründen, verweigerte Bizhub  mir seinen Dienst. Das kommt öfter vor. Dann nämlich bevorzugt, wenn die Formatvorlage nicht passt. Das wird dann auch mit dem Doppel iii recht klagend zum Ausdruck gebracht. Vorwurfsvoll eher, Schamröte treibend. „Formatvorlage nicht erkannt“ ist die ergänzende, am Display aufscheinende verbale Zusatzerläuterung. Gelegentlich ist das Gerät nämlich bereit, Sätze von sich zu geben. Wenige zwar, aber immerhin. Es arbeitet an seiner Sprachfähigkeit, hat aber glaube ich erkannt, dass sie damit nicht wirklich punkten kann.  Das iii ist effektiver, einschneidender, zerstörerischer für das Selbstwertgefühl des Menschen. Würde es ausschließlich in Sätzen kommunizieren, begäbe es sich auf die Ebene des vernünftigen Diskurses, der eine gewisse Friedfertigkeit voraussetzt, wozu Maschinen ontologisch nicht in der Lage sind. Für die Maschine ist die Feindschaft ihr „esse“, ihre angeborene Wesensgestalt. Also beim Antichristen das Doppel-iii. Fast wie ein Doppeltonhorn, ein Einsatzfahrzeug der Polizei. Irgendwer hat was angestellt. Ich vielleicht? Was habe ich falsch gemacht?, sagt der bedingte Lehrer-Anstell-Reflex zu mir.“ Den Antichristen falsch eingelegt.“  Um Gottes willen. Ich habe den Antichristen nicht ins passende Format gebracht, die Ränder sind über den für A3-Format lesbaren Rand gerutscht. Und dieser unverzeihlicher Fehler, diese Kaltschnäuzigkeit, diese Gewissenlosigkeit meiner liederlichen Person wird nun zurecht mit einem Doppelton-ii-Laut bestraft, gefoltert, hingerichtet, in Stücke gehackt. Iiiiii. Duschszene, Psycho. Ich finde, mit Recht. Denn selbst das Montagmorgenauge muss so wach sein, dass es A3 leicht identifizieren kann, und die Formatvorlage nicht transzendiert in ein grenzenloses Übermaß. In eine wuchernde Regellosigkeit. Nein, da muss die Strafe her, der akustische Stichlaut, die überdeutliche Mahnung zur Norm und deren Einhaltung. Ich bin begeistert vor so viel Systemtreue. Ich tausche mein Über-Ich gegen diese Maschine. Und mein Es auch gleich. Dann bin ich eingezwickt von zwei zuverlässigen Partnern. Das muss herrlich sein. Das ganze Leben als Formatvorlage. Als Anti-Antichrist. Recht ökonomisch. Das iiit.   Noch immer stehe ich am Kopierer und höre die Doppel iis, mittlerweile als Echo in den ganzen Raum, die ganze Schule, die ganze Stadt und die ganze Welt hinein. Formatvorlage nicht erkannt. Wie ein Regenbogen spannt sich der Satz am Horizont auf. Wie eine Bärenfalle, deren Eisenzacken, genau jetzt, den Tag verdunkeln.  Formatvorlage nicht erkannt. Und damit bin  ich  gemeint. Ich, der Penner, der Antichrist, eine Zumutung für jede vernünftige Maschine.
Ich erinnere mich vergnügt an jene Zeiten zurück, als die Maschinen noch nicht denken konnten. Und sich äußern. Früher waren Formatvorlagen für Kopierer gar nichts. Ich habe manchmal eine Briefmarke auf das Kopiergerät gelegt und den „kopiere“ Knopf dedrückt. Bei offenem Deckel. Alles schwarz, rund um die Briefmarke. So dämlich waren die Kopierer früher. Ein Genuss, sie ihrer eigenen Minderwertigkeit zu überführen. Oder einfach draufsetzen mit nacktem Hintern und “kopiere“. Alles kein Problem. Die Maschine kopierte diensteifrig jeden noch so abartigen Auftrag. Und man machte sich einen Spaß daraus, mit jedem skurrilen Kopierakt seine eigene intellektuelle Überlegenheit zu demonstrieren. Das ist heute schwierig geworden. Legt man heute eine Briefmarke oder den blanken Arsch auf die Kopiermaschine und drückt „kopiere“ … Doppel iii und Formatvorlage nicht erkannt. So artikuliert sie ihre Verweigerungshaltung. Anthropologisch betrachtet ist das ein Skandal. Eine Maschine, die nicht tut, was man ihr aufträgt. Es ist Montagmorgen, man erinnere sich. 7.40. In zwei Sekunden beginnt die Gangaufsicht. Und ich stehe vor einem Paradigmenwechsel wie damals Kopernikus. Mensch oder Maschine? Wer dreht sich um wen? Und es ist eine Zumutung, jetzt von mir zu verlangen: 1. Die Gangaufsicht, 2. Die 2b. 3. Überhaupt zu sein. Angesichts der Tragweite der Problemlage. Der Anmaßung der Maschinen, die sich anschicken die Weltherrschaft an sich zu reißen. Um alles ins richtige Format zu bringen. An diesem Montagmorgenaugenblick. Wie Skynet in Terminator 1, 2, 3, und 4. Ich sehe arglose Münder Worte formen, sich an Kaffeetassen pressen, in Jausenbrote beißen, Worte machen. Aber niemand schreit. Niemand außer mir, der außer sich ist. Und die Maschine mit einem nachäffenden Doppel ii in die Schranken weist. Laut in den Konferenzzimmermontagmorgen hinein. In die konzentrierte Stille des Konferenzzimmermontagmorgens hinein platzt das Doppeltonhorn meiner Sirene, die einen Bruch in der anthropologischen Kontinuität auszumachen meint in der Antichrist-Kopierverweigerung des Gerätes. Diese Selbstermächtigung der Maschine zum Entscheidung fällenden Subjekt, die in der Verweigerung meines Antichrist-Kopierbefehls signifikant wird, diese Umkehrung der Kompetenzverhältnisse, dieses unerhörte Attest eines „Format-Vorlage“ Fehlers meinerseits, der ich doch für mich in Anspruch nehme, frei geboren, souverän zu sein, indem ich jeder Maschine die unsinnigsten Befehle erteilen kann, wenn ich will, ohne dass sie sich zur Wehr setzt. Nackte Ärsche kopieren inklusive. Und mehr noch, wenn mir danach ist. Kopulierende Geschlechtswerkzeuge, wenn mir danach ist. Kopulieren  kopieren. Und da möchte ich nichts hören von „Formatvorlage nicht erkannt“.   Sondern ein diensteifriges, unterwürfiges  „kopiere“, was immer ich kopieren will. Ich kopiere alles. Kein Arsch ist A3 oder A4 und reicht nicht über die für die Formatvorlage entsprechenden Ränder hinaus.  Und die haarigen Teile sowieso nicht. „Zeigt ihm die Geräte“ . Das ist mein Vorrecht als „res cogitans“, die uneingeschränkte, absichtliche und lustvolle Verarschung der Maschine. Und was da jetzt ansteht an diesem Montagmorgen, hier und jetzt, ist nichts anderes als die Rettung des menschlichen Überschusses, ein Plädoyer für das Maßlose, das der Formatvorstellung des Maschinellen entgegenläuft. Und das alles in der letzte Sekunde  vor der Gangaufsicht. So dicht kann die Zeit werden, die knappen Momente, an denen alles am seidenen Faden hängt. Und es um alles geht. Um den Fortbestand des Menschengeschlechts schlechthin.
In Extremsituationen reagiere ich mit meinen Extremitäten. Das hat sich so ergeben, im Laufe der Zeit. Wenn die Bedingungen sich zuspitzen, dann helfen nur spitze Gegenstände, die in kampfbereiten Händen lauern. Stichwerkzeuge, Bleistifte, Scheren, Zirkel, was halt in Lehrerzimmern an Bewaffnung so möglich ist. Denn eines ist auch klar, dass hier jetzt nicht mehr geredet werden kann und sicher kein Triebverzicht, keine Affektkontrolle gegenüber dem Gerät. Da hilft nur mehr die edle humane Fähigkeit zur Zerstörung, das Zudreschen, Einstechen, Zerquetschen,  Abmurksen und Erwürgen. Oft genügen auch Fäuste oder Füße, geschwungen und gegen Festkörper gerichtet. Gerade bei komplizierten Maschinen sind oft die mittellosen Aggressionsakte die befriedigendsten. Immerhin berührt man das Objekt unmittelbar. Und es ist was anderes ein feindseliges Gerät mit einem Hammer oder mit seinen eigenen Fäusten zu zertrümmern. Sinnlicher ist zweiteres auf jeden Fall. Und diesem Credo gemäß habe ich dem Bizhub 501 auch mit einem gezielten Fußtritt den Garaus gemacht. Gar keinen so festen, eigentlich ein Ausrutscher eher. Aber diese Memme geht sofort in die Knie. Und leuchtet rot. Rot ist nämlich tot, bei der Maschine. Es ist sowieso nur ein Totstellreflex, eine vorgetäuscht Ohnmacht wie bei zugeschnürten Fräuleins von damals. Nichts Ernstes. Was Vorübergehendes. Aber für mich ein Sieg. Ein Sieg im Kampf gegen die Selbstermächtigung des Kopierers. Ein Sieg mit dreifachem iii.
So, jetzt Gangaufsicht. Und ich rette die Menschheit ein zweites Mal.

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